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Achtung: Kann Spuren von Humor enthalten

Clown Aktuell

11.03.2021 | Methodik & Technik

Stellt man sich zwei Clowns im direkten Publikumskontakt vor – sei es beim Walk Act, in der Restaurant Comedy oder bei der Visite der Gesundheit!Clowns  – und wir hätten die Wahl: der eine Clown kommuniziert mit wenigen...
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11.03.2021 | Theater

Warum Straßentheater? In den vergangenen Jahren hat sich Straßentheater zu einer eigenständigen Kunstform entwickelt, die jedes Jahr viele Tausende Menschen begeistert. Unter Straßentheater werden Formen des Theaters...
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Donnerstag, 11. März 2021 | Methodik & Technik

Flow-Freude-Glück – Das Konzept der Freude in der Clown- und Humorarbeit

Stellt man sich zwei Clowns im direkten Publikumskontakt vor – sei es beim Walk Act, in der Restaurant Comedy oder bei der Visite der Gesundheit!Clowns  – und wir hätten die Wahl: der eine Clown kommuniziert mit wenigen Worten knapp und sachlich, oft auch noch perfekt pantomimisch geschult und der oder die andere Clown*in besitzt eine lebendige Körpersprache, die Atmung fließt, die Augen strahlen freudig und humorvoll. Welchen Clown würde das Publikum lieben?

Im Umfeld der modernen Clowns und Humorarbeit kann es ratsam sein, sich der Technik des emotionalen Humors zu bedienen. Emotionaler Humor, eine von Jenny und Udo in den 80er Jahren in die Clowns- und Theaterarbeit eingeführte Technik, ist heute ein fester Bestandteil in der Spielweise von Clowns und Schauspielern. Der Begriff beschreibt den Humor, der daraus entsteht, dass „Gefühle übertrieben ausgedrückt werden“. In diesem Bereich geht es um folgende Techniken:

– Körpersprache und Emotionen
– humorvoller Ausdruck in Mimik und Körper
– bewusste Aktivierung der Freude

Hier kommen die  clownesken Humortechniken zum Einsatz: eine übertriebene Körpersprache, der innere Schalk, Unerwartetes tun, dies alles entsprechend den Gesetzen der Komik (nach Stan Laurel).

Ein Beispiel: Eine Demenzpatientin trifft auf eine Gesundheit!Clownin, flüsternd und mit peinlich verzogenem Gesicht: “Ich muss pupsen!“ „Das ist gut – ich singe dazu ganz laut“ ist die prompte clowneske Antwort der Clownin.  Und laut singend, mit Schalk in den Augen öffnet die Clownin das Fenster. Die Patientin beginnt zu lächeln.

Kommunikation findet immer statt, sobald sich Menschen begegnen – über die Körpersprache, über Blicke oder den verbalen Austausch. Die Frage ist nur, welche Kommunikation uns bereichert, uns nährt und – in bestimmten Situationen wie z. B. Krankheit –  die Heilung unterstützt.  Warum ist das aber so? Die Erklärung liefert uns die Wissenschaft, seit sie beim Menschen die Spiegelneuronen entdeckt haben.

Spiegelneuronen – Wirkung der Freude

Ob wir Handlungen bei anderen beobachten, oder sie selbst ausführen: Für unser Gehirn ist dies offenbar ein und dasselbe. Der Grund hierfür sind ganz besondere Nervenzellen im Gehirn, die Spiegelneuronen. Das Besondere an diesen kleinen Burschen ist, dass sie für das innere Imitieren fremder Aktionen zuständig zu sein scheinen. Das heißt, wenn ich jemandem intensiv bei seinen Handlungen zuschaue, wirkt dies in meinem Gehirn ähnlich, als würde ich diese Handlungen selbst ausführen. Und jetzt das Spannende für uns: Dies gilt offenbar auch für Gefühle. Ein Gefühl, das mir entgegengebracht wird, entsteht dann auch in mir. Umgekehrt löst das eigene Gefühl z. B. die Freude – wenn diese echt ist – in meinem Gegenüber ebenfalls Freude aus.

Die Spiegelneuronen wurden von dem Italiener Giacomo Rizzolatti und seinen Mitarbeitern 1995 zunächst bei Affen entdeckt. In diesen Untersuchungen fiel auf, dass Neuronen reagierten, wenn zielmotorische Hand-Objekt-Interaktionen  durchgeführt oder bei anderen – zumindest anatomisch ähnlichen – lebenden Individuen beobachtet wurden. In späteren Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass bei Handlungen mit emotionaler Färbung ebenfalls Spiegelneuronen beteiligt sind und eine wichtige Rolle in sozial kognitiven Aspekten übernehmen. Rizzolatti und sein Forscherteam haben 2002 die Existenz des Spiegelneuronensystems (Areal BA 44) beim Menschen herausgefunden, welche man mit „action recognition“ (Wiedererkennung von Handlungen) und Imitation in Verbindung brachte. Möglicherweise bildet diese Fähigkeit sogar das Fundament von Mitgefühl, Sprache und Denken. Spiegelneuronen sitzen, so Keysers, sowohl im Prämotorischen cortex, der für Bewegungen zuständig ist, als auch im Insularen cortex, wo Gefühle wie Freude oder Ekel verarbeitet werden, sowie im Sekundären Somatosensorischen cortex, der Berührungen registriert. Wahrscheinlich sind Spiegelneuronen auch in anderen Hirnregionen zu finden, so der Forscher. Er glaubt, dass Spiegelzellen im Prinzip in der Lage sein dürften, das volle Spektrum von außen betrachteten menschlichen Gefühlen im Innernen des Beobachters zu imitieren: Freude und Trauer, Furcht und Angst.“ (Roland Benedikter in: Geist, Gehirn, Bewusstsein Ausgabe 12, S. 48, 2005)

In diesen neuen Forschungen finden wir die wissenschaftliche Erklärung für die praktische Erfahrung, dass eine clowneske Aktion die Heilung unterstützen kann, wenn sie mit einem tiefen Gefühl der Freude verbunden wird. Freude öffnet die Tore zur Lebensenergie und mit Hilfe der Spiegelneuronen wird diese Lebensenergie auch in anderen angeregt. Die Selbstheilungskräfte können in viel stärkerem Maße aktiviert werden. Dieses Wissen um die Freude ist auch für Clowns selbst wichtig, um ein Mittel gegen den Zustand des Leides und der Depression zumindest im Umfeld der Seniorenarbeit zu entwickeln. Aber auch bei vielen sonstigen Anlässen (Beerdigungsclowns, Restaurant Comedy, Walk Act) treffen wir Clowns auf Menschen, die leiden oder trauern. Denn so wie die Freude durch die Spiegelneuronen miterlebt wird, geschieht dies natürlich auch mit anderen Gefühlen. Freude drückt sich in der Mimik und der Körpersprache aus, genauso wie Trauer, Leid oder auch Depression. Das Vertrackte unserer Spiegelneuronen ist, dass sie in uns nicht nur positive, sondern auch diese nicht so schönen Gefühle als ein „Als-ob-Zustand“ spiegeln. Gesundheit!Clowns, Mediziner und Pflegende auf bestimmten Stationen (Intensivmedizin, Palliativmedizin, Altenpflege) übernehmen so unbewusst häufig die Emotionen ihrer Klienten in die eigene Körpersprache und somit auch in das eigene Gefühlsleben.

Das Gegenmittel dazu ist die Freude und der Humor. Kann ich die Freude und den Humor aktiv und bewusst in mir aktivieren, habe ich die Möglichkeit, mich vor der ständigen Beeinflussung durch Trauer und Leid zu schützen.  Aber gerade auch der Umkehrschluss ist wichtig: Strahle ich als Clown in meiner Körpersprache, meiner Mimik und v.a. in meinen Augen diese Freude aus, erlöse ich meinen Gegenüber (Zuschauer, Klienten)  aus dem Zustand der Depression und Frustration: Meine Freude wirkt ansteckend! Die Forschung hat ergeben, dass die Spiegelneuronen auch beim Versagen des Gehirns als letztes versagen. Demenz-Patienten oder Patienten mit Hirnschädigungen reagieren auf Dauer auf ein freudiges, lächelndes Gesicht ebenfalls mit einem Lächeln. Denn auch bei ihnen wirkt diese „Als-ob-Schleife“. Die bewusste Aktivierung der Freude und des emotionalen Humors hat gerade im Umfeld von Gesundheit!Clown® oder Therapie-Clown einen enormen Stellenwert, aber auch ob ein Clown von seinem Publikum geliebt wird. Der Erfolg so berühmter Clowns und Komiker wie Charlie Chaplin, Grock, Stan Laurel und Oliver Hardy basiert auf diesem Zustand. Diese Technik entscheidet über Erfolg und Misserfolg in der Clownsarbeit.

Der Freude-Effekt ist dann erklärbar: Je mehr echte Freude, Humor und Lachen ausgestrahlt werden, desto mehr steuern wir den Spiegeleffekt in unserem Gegenüber. Kann jemand echte Freude beobachten, wird in ihm die eigene Freude durch den Spiegeleffekt erzeugt.

Es müsste noch ganze Forschungen aus dem Umfeld der Neurowissenschaftler geben, die sich mit dem Effekt der Freude und einem authentischen Lächeln in Zusammenhang mit den Spiegelneuronen beschäftigen. Die Wirkung der Spiegelneuronen ist bisher nur für die Gefühlszustände Ekel und Depression erforscht worden. Das Lachen bzw. das Lächeln wird zur Zeit in einem Forschungsprojekt der Mailänder Universität untersucht. Es liegen noch keine Ergebnisse vor. Bisher kann nur mit praktischen Ergebnissen aufgewartet werden (Clowns bei Demenzpatienten, humorvolle Mitarbeiter auf Intensivstationen…), die wissenschaftlich noch nicht untermauert sind. Die Ergebnisse sind vielversprechend!

Auf Grund des Wissens um die Bedeutung der Spiegelneuronen wird immer mehr Wert darauf gelegt, die aktiven Clowns in den medizinischen Einrichtungen in der körperlichen und mimischen Ausstrahlung einer echten Freude zu trainieren. Nur die echte Freude hat diese Wirkung! Da Freude ein Gefühl ist, kann es durch die Erinnerung an selbst erlebte Situationen trainiert werden. Schauspieler, Comedians und gute Clowns durchlaufen dieses Training (Strasberg-Methode), um Gefühle authentisch auszudrücken: In Körper, Mimik und Sprache.

„Wir haben unermessliche Fähigkeiten, die uns ein glückliches Leben vermitteln können. Ich fasse sie in dem Begriff gelebte Freude zusammen. Dies ist der Schlüsselbegriff für den neuen Menschen.“ (Dieter Broers, Biophysiker, wissenschaftlicher Leiter des von der UNO geförderten Projektes – International Council for Scientific Development – ICSD).

Im Endeffekt kann man lernen, Humor und Freude jederzeit in sich zu aktivieren und einen Beitrag zur Verbesserung seines beruflichen Umfeldes, aber auch privat in der Familie und am Wohnort zu leisten. Wir würden uns gerade in der Medizin und der Pflege fortentwickeln von einem Ort von „Leidern und Klagern“ zu einem Umfeld von aktiven, kreativen und Freude ausstrahlenden Menschen, ohne in das Fun-Erlebnis amerikanischer Kultur abzurutschen.

Trainings für Clowns und Comedian
– Flow Freude Glück
– Emotionaler Humor
– Der Clown und die Stille

Dokumentarfilm
"Du wirst nicht der Gleiche sein" über die Ausbildung zum Gesundheit!Clown® 

Literatur
Gefühle lesen, Paul Ekman